Wenn ich ganz still bin,
kann ich von meinem Bett aus
das Meer rauschen hören.
Es genügt aber nicht, ganz still zu sein,
ich muss auch meine Gedanken vom Land abziehen.
Es genügt nicht, die Gedanken vom Festland abzuziehen,
ich muss auch das Atmen dem Meer anpassen,
weil ich beim Einatmen weniger höre.
Es genügt nicht, den Atem dem Meer anzupassen,
ich muss auch Händen und Füßen die Ungeduld nehmen.
Es genügt nicht, Hände und Füße zu besänftigen,
ich muss auch die Bilder von mir weggeben.
Es genügt nicht, die Bilder wegzugeben,
ich muss auch das Müssen lassen.
Es genügt nicht, das Müssen zu lassen,
solange ich das Ich nicht verlasse.
Es genügt nicht, das Ich zu lassen,
ich lerne das Fallen.
Es genügt nicht, zu fallen,
aber während ich falle
und mir entsinke, höre ich auf,
das Meer zu suchen,
weil das Meer nun
von der Küste heraufgekommen
in mein Zimmer getreten,
um mich ist.
Wenn ich ganz still bin.
Dorothee Sölle